Der Bremer Hahn


Lasurtechnik auf Leinwand auf Holz, 158 x 106 cm, 2016/18

Von Hanseatischem Stolz


Realistische Malerei heute, Neuer Realismus, Manfred W. Jürgens, Maler Malerei, Kunst Künstler, Wismar Realistische Malerei heute, Neuer Realismus, Manfred W. Jürgens, Maler Malerei, Kunst Künstler, Wismar

Im Jahr 2013 zog ich für vier Jahre von Hamburg nach Bremen. Auch mir fiel damals sofort das Märchen mit den Bremer Stadtmusikanten ein. Ihr lebensbejahender Spruch 'Etwas besseres als den Tod findest du überall!' ist großartig.

Allerdings kamen Esel, Hund, Katze und Hahn nie bis Bremen. Die steinalte A Cappella Band annektierte ein Räuberhaus im Wald weit vor den Toren der Stadt. Seitdem leben sie mietfrei im Speckgürtel, musizieren erfolgreich auf Bremer Bühnen, benutzen Bremen im Bandnamen und bezahlen keine Steuern im Stadtstaat. Das hanseatische Bremen schmückt sich trotzdem gern mit diesem Märchen und den vier Steuerflüchtlingen aus der Hausbesetzerszene.

Die einst umstrittene Bronzeplastik der Stadtmusikanten von Gerhard Marcks aus dem Jahr 1953 steht stolz in Wahrzeichen-Konkurrenz zum Roland vor dem Bremer Rathaus. Jeder Asiate hat sie mindestens einmal aufgeregt berührt.

Bremen ist das kleinste deutsche Bundesland und bereits seit vielen Jahren hoch verschuldet.
Zu diesem Thema wollte ich gern etwas malen. Aber wie? Ein Pleitegeier vor dem Rathaus wäre trivial. Zu Geld habe ich nachweislich ein gestörtes Verhältnis, gehört also auch nicht ins Bild, und bloß keine Regional- oder Tagespolitik, so waren meine Gedanken.

Aber es gibt die Redensart 'Federn lassen'. Diese umschreibt den Zustand des Schaden Erleidens, des Geschädigt Werdens, meint, dass jemand Nachteile hinnehmen muss. Zu diesem Sinnbild suchte ich etwas für mein Bild zum Thema 'Verschuldung der Stadt Bremen'. Der Zufall wollte es, dass ich auf eine Zeichnung des großartigen englischen Tiermalers George Stubbs stieß. Eine sehr seltsame Zeichnung, 40,6 x 56,5 cm groß, erstellt im Spätbarock. Als hätte Stubbs sie speziell für mein Thema gezeichnet. ❯ Hier ist sie zu sehen.

Da war er plötzlich, der Hahn der Bremer Stadtmusikanten, der wegen der immensen Verschuldung der Stadt symbolisch Federn lassen musste. Er eilt, fast schwebend, auf steinigem Weg. Seiner Haltung sieht man die innere Verfassung nicht an. Er wurde nicht fett vor Frust, blieb sportlich und athletisch. Stolz und verschuldet. Ein nackter Hanseat ohne Federkleid.

Mein Dank gilt meinem Kollegen George Stubbs, der die Vorzeichnung zu meiner Bildtafel bereits um 1800 fertigte. Respekt. Ohne diese hätte es meine Verschuldungsgeschichte in dieser Form nie gegeben. Im Hintergrund türmen sich die Stadtmusikanten ohne Hahn vor dem Rathaus. ❯ Zur Bildentstehung

© MWJ, Wismar, 10.08.2018

Brüder Grimm · 1819

Die Bremer Stadtmusikanten

Sprecher: Johannes Ackner © www.vorleser.net