What color is eternity?


Dream worlds
Painter, Death and the Devil


Manfred W. Jürgens Wismar Manfred W. Jürgens Wismar

Malerei ist ein Abenteuer. Der Charakter dieses Abenteuers ist nicht nur mit Besessenheit und Neugierde umschreibbar. Es ist die Freude am Beobachten und abstrahierenden Umsetzen. Grundlage ist das Erlebnis.

Die Malerei der Renaissance ist für mich eine Art Urknall, dem ich gern lausche. Diese Schwingungen tragen mich durch die Gegenwart. Die einen gehen zur Therapie, legen sich auf die Couch, warten auf die erfolgreiche Reparatur ihrer Seele, und ich male. Über diese Zeit und Geld sparende Variante bin ich sehr glücklich. Scheinbar bin ich nur normal, wenn ich mal.

Das Staunen war einst Ursache, um mit dem Malen zu beginnen. Heute male ich auch aus Ehrfurcht vor der Schöpfung, nehme Pflanzen, Tiere und Menschen gleichermaßen ernst. Die Erkundung von dem, was hinter den Oberflächen steckt, ist sehr spannend. Für irgendetwas muss man sich halt im Leben verschwenden.

Mögen die Experten an jedem Bild verzweifeln. Für mich ist ein Bild ein gutes Bild, wenn es die Menschen berührt. Und ein Bild ohne Tod ist kein Bild. Irgendwo ist er versteckt immer mit im Spiel.

Durch die Portraitmalerei lerne ich viele und interessante Menschen kennen. Das Leben besteht aus Überraschungen. Die größte Überraschung wird der eigene Tod sein. Aber der kann warten.

Schon als Kind hatte ich bei Krankheiten seltsame Fieberträume. Und es ging sehr oft um die einsame Begegnung mit dem eigenen Ende. Da hat sich nichts geändert. Es ist die ewige Geschichte von Erblühen und Vergehen.

In den ersten Schuljahren besuchte mich gelegentlich nachts der Traum vom eiskalten Winter. Der Sensenmann wartet einsam an der Wartehalle unseres kleinen Dorfes. Zähneklappernd steht er im Schneegestöber und stützt sich krumm auf seine Sense. Er wartet seit ewigen Zeiten auf den Bus. Aber der Schulbus mit uns Kindern kommt nie.

Kürzlich lag ich im nächtlichen Traum in einem mit weißem Licht erfüllten Kuppelbau mittig auf einem runden, bettähnlichen, hohen Tisch. Ein dunkelgrünes Tuch bedeckte mich bis zum Hals. Um mich herum tanzte wieder mal stolz der Tod.

Seine krächzende Stimme wiederholte seit Stunden die Worte. Komm mit Maler, komm endlich mit!

Vermoderte Fetzen wehten von ihm ab. Lächerlich, sagte ich. Du nackter fleischloser Knochenkasper bist so billig in deinem überlangen schwarzen Kapuzenpulli und dieser rostigen Sense. Dein Sensenstiel ist fürchterlich abgegriffen. Du bist längst überflüssig! Der Teufel soll Dich holen!

Von wegen, hauchte er hochmütig und beugte sich augenlos über mich, pries sein reines Schwarz als einzig wahre Ewigkeit. Nur er besäße es.

Aber Hallo, du Spinner, sagte ich, wenigstens die Grundfarben gehören zur Ausstattung. Nun attestierte er mir Verschwendungssucht.

Sein Atem erzeugte in mir Übelkeit und Brechreiz. Ich fragte ihn, wie das denn bloß sein konnte, ohne Magen, ohne Zahnfleisch, so widerlich übel zu riechen. Als ich dann meinte, dass es vielleicht ein Rest seines dahin faulenden Hirnrestes sei, brüllte er: Ruhe!

Das war mir zu laut. Nun richtete ich mich auf, zeigte auf seine dünnen Beine und wiederholte mein Lächerlich. Du hättest deine Knochen wenigsten bleichen können. Deine toten fleckigen Gebeine will keiner sehen. Hier, schau hin, ich zeigte auf Tierschädel an den Wänden. Einen der Schädel hatte ich vor Jahren selbst abgekocht. Schau, wie schön er vom Leben erzählt. Im Gegensatz zu Dir duftet er und keine Hautfetzen hängen in seinen leeren Augenhöhlen.

Außerdem begegnete ich kürzlich einem viel schöner aussehenden Vertreter deiner Zunft. Oh, hinterlistig war auch dieser, aber er hatte gekämmtes seidenes Fell, einen frisch geputzten Huf, blutunterlaufene Augen und schöne kurze Hörner über seiner roten, zornigen Stirn. Ja, sprach wutentbrannt der Tod, der Typ ist mein Cousin.

Er stampfte ohrenbetäubend mit seinem uralten Sensenstiel auf den Boden. Wind öffnete tosend eine hohe Doppeltür und er verschwand schwebend, ohne die Treppe zu benutzen, im staubigen Flur.

Kopfschüttelnd erwachte ich, lief ins Bad, füllte die Hände mit eiskaltem Wasser und spülte mir den Traum aus der Nacht. Der erste farbenfrohe Gedanke an diesem Morgen war: Ich befürchte, das Leben ist schön.

Text © MWJ, Wismar, 07.05.2023
Bild oben © MWJ, Ausschnitt